(Quelle: Wikipedia) Bonanzarad ist eine in Deutschland
übliche Bezeichnung für eine Gattung von Fahrrädern.
Ausgehend von der amerikanischen Westküste wurden diese für Kinder
gedachten Räder ab den 1960er Jahren zunächst in den USA und ab den
1970er Jahren auch in Europa populär. Bonanza war
ursprünglich ein Markenname, wurde aber auf Fahrräder ähnlichen Typs
übertragen. Herstellerbezeichnungen wie „High-Riser“ und „Polorad“
setzten sich in Deutschland nicht durch, jedoch schon in Österreich,
wo der Begriff Bonanzarad praktisch unbekannt ist. Hier hieß dieser
Fahrradtyp durchgehend „High Riser“. Technische Mängel begleiteten
zahlreiche Bonanzaräder und die Produktion fand ein Ende, als die BMX-Welle mit
robusteren Fahrrädern aufwarten konnte.
Charakteristik
Das Bonanzarad fällt besonders auf durch seinen langen,
sogenannten „Bananensattel“ mit Lehne, der Imitation einer Federung an der Vorderradgabel sowie den langen
Hirschgeweih-Lenker. Im Kontrast dazu stehen die verhältnismäßig
kleinen 20“-Räder. Der Schalthebel der 3-Gang-Nabenschaltung
ähnelt dem eines Autos und ist mittig auf den beiden dünnen
Oberrohren angebracht. Das Bonanzarad erinnert auf den ersten
Blick an einen etwas zu kurz geratenen Chopper.
Sehr oft wurden Bonanzaräder optisch verschönert. Besonders
beliebt waren Elemente wie Mercedessterne, Fuchsschwänze, Wimpel, besondere
Lampen, Spiegel, eine Vielzahl von Reflektoren, in die Speichen
gesteckte Bierdeckel oder Spielkarten (insbesondere das Ass).
Geschichte
Die Automobil- und Motorradtuningkultur in den USA der späten
1950er und 1960er Jahre strahlte auch auf Kinder und Jugendliche
aus, die begannen ihre Fahrräder durch An- und Umbauten zu
verändern. Al Fritz, ein Ingenieur des Fahrradherstellers Schwinn, reiste 1962 nach Kalifornien, um sich vor
Ort über den Trend zu informieren. Bereits im folgenden Jahr
erschien das Schwinn
Stingray und konnte innerhalb eines Jahres 40.000 mal
verkauft werden. 1964 erschien mit dem Fair Lady eine Version für
Mädchen, die sich ebenfalls großer Beliebtheit erfreute. Für die
Fahrräder von Schwinn typisch war der geschwungene Rahmen, der
große Ähnlichkeit mit dem des Beachcruisers
hatte und sich dadurch deutlich von den europäischen Nachahmungen
unterschied. Ein weiteres Merkmal war der Unterschied im
Durchmesser zwischen größerem Hinterrad und kleinem Vorderrad, bei
einigen Modellen fiel die Differenz recht drastisch aus. 1968 kam
das Krate auf
den Markt und besaß eine Gangschaltung nach dem Vorbild eines
Automobils, bis 1970 konnten circa 1 Million davon abgesetzt
werden. 1974 wurde das „Krate“ wegen seines Schalthebels von der
Consumer Products Safety Commission verboten, was das Ende
einleitete. Heute produziert Schwinn wieder Fahrräder unter dem
Namen „Stingray“, die aktuellen Modelle im Lowrider-Stil erinnern
mit ihrer flachen und langgestreckten Bauform eher an Motorräder
Der traditionsreiche englische Hersteller Raleigh griff den Trend auf,
kopierte den Stingray und vertrieb ab 1966 auf dem
US-amerikanischen Markt das Rodeo
und ab 1968 den Chopper, beide Modelle erfuhren aber keinen großen
Zuspruch. Als der Raleigh
Chopper allerdings 1970 im Vereinigten Königreich eingeführt
wurde, fand er reißenden Absatz und rettete die Firma aus
anhaltenden finanziellen Schwierigkeiten. Im direkten Vergleich
mit dem US-amerikanischen Vorbild war das Rahmen-Design des
Choppers eher einfach, wirkte aber sehr dynamisch – wie beim
Vorbild waren auch beim Chopper die Durchmesser von Vorder- und
Hinterrad verschieden. 1973 erschien eine überarbeitete Version,
bei der man das Hinterrad versetzt hatte, um das Umkippen zu
verhindern – für kleinere Kinder schuf man die Variante Tomahawk.
Die Produktion wurde bis 1980 fortgesetzt, als der BMX-Trend
einsetzte. Während Raleigh die Idee zum Chopper als
Eigenentwicklung darstellt, behauptet das Designbüro Ogle, für die
Entwicklung verantwortlich zu sein. Im Vereinigten Königreich ist
der Begriff „Chopper“ synonym mit dem deutschen „Bonanzarad“,
analog zu den in Deutschland existierenden Bonanzarad-Vereinen
gibt es dort den „Raleigh Chopper Owners Club“. 2004 wurde eine
unter Sicherheitsaspekten verbesserte Version von Raleigh neu
aufgelegt, auf den Schalthebel am Rahmen wurde dabei verzichtet,
an seiner Stelle befindet sich eine Plakette mit aufgedruckter
Schaltkulisse, die an das einstige Feature erinnert.
In Deutschland fertigte Kynast in Quakenbrück eine eigene Kopie
des Stingray, die ab 1968 vom Versandhändler Neckermann
unter der Eigenmarke Bonanza vertrieben wurde – zahlreiche andere
Hersteller ahmten es nach und produzierten eigene Varianten. Für
die meisten Bonanzaräder aus deutscher Produktion typisch ist der
einheitliche Durchmesser für Vorder- und Hinterrad. Auch die
Rahmen konnten weder mit der schwungvollen Eleganz des „Stingray“
mithalten, noch mit der Dynamik des „Chopper“, stattdessen wurde
eine Geometrie verwendet, die stark an konventionelle
Fahrradmodelle erinnerte. Bemerkenswert und für die deutschen
Hersteller kennzeichnend ist dagegen die aufwendige Konstruktion
der Vordergabel mit den falschen „Schraubenfedern“ und der
doppelten Aufnahme für die beiden getrennten Lenkergestänge.
Dieses motorradähnliche Detail findet sich weder beim US-Vorbild
noch beim englischen Ableger.